
Transsib
Während der letzten vier Tage haben wir den längsten Abschnitt unserer Transsib-Strecke hinter uns gebracht. 5193 km von Moskau nach Irkutsk am Baikalsee in Sibirien. Vor der Fahrt war es uns unmöglich uns vorzustellen, wie man vier lange Tage auf Schienen im Großraumabteil mit ca. 50 anderen Menschen so verbringt bzw. überstehen kann. Nun im Nachhinein können wir sagen es war nicht das Abenteuer, auf das wir uns mental eingestellt hatten – kein von Stinkesocken, Schweiß und Eiern geschwängerter Mief, keine 40 Grad Backofentemperatur im Abteil, keine Fress- und Wodkaorgien, keine barbäuchigen angetrunkenen Russen, keine lautstarken Durak-Duelle (Durak ist quasi das Schafkopfen der Russen, das wir uns extra vorher angeeignet hatten, um unsere Bettnachbarn so richtig ab zu ziehen) und noch nicht mal ohrenbetäubende Schnarchkonzerte in der Nacht. Es lief völlig anders ab, nämlich gesittet und ruhig. Ja, es war langweilig. Zu Beginn waren wir dann auch etwas enttäuscht. Außerdem hatten wir uns vor der Langeweile am meisten gefürchtet.
Aber nach sehr kurzer Zeit fanden wir es einfach nur noch wunderbar. Wir lebten einfach nur im Hier und Jetzt und ließen die schöne, aber meist ebenfalls eintönige Landschaft, geprägt von Birkenwäldern, an uns vorbei ziehen. Wir machten einfach gar nichts außer sitzen, gucken, träumen und beobachten was die Einheimischen machen wenn sie Nichts machen. Wir haben nicht mal die Dinge gemacht, die wir uns vorgenommen hatten, wie Reiseführer lesen und bisschen Russisch lernen. Wenn du keinen Raum hast und keine wirklichen Möglichkeiten (außer essen und schlafen), dann wirst du sehr schnell ganz entspannt, denn du musst ja auch keinerlei Entscheidungen treffen. Naja fast keine – abgesehen von der Entscheidung was heute auf den Tisch kommt und wann man am besten aufs Klo geht. Ach ja das Klo – das war eigentlich neben der Tatsache, dass die Russen tatsächlich Tütensuppen und -gerichte lieben, das Einzige, dass mit unseren Vorstellungen übereinstimmte. 😉
Fotografiert haben wir auch nur wenig. Hier dennoch ein paar Eindrücke von unserem Zug, dem Leben im Abteil und der Landschaft:
Und nun noch ein paar interessante Infos zur Bahnfahrt für alle die, die gerne selber zeitnah einmal mit der Transsib reisen möchten (wir fuhren übrigens mit Zug Nr. 70):
– Proviant erhält man beim Billa gleich gegenüber des Bahnhofes.
– Man muss sich jedoch nicht komplett für alle Tage eindecken. An jedem Bahnhof mit längerer Haltezeit befinden sich Kioske am Gleis, die faktisch alles verkaufen (Getränke, Wasser, Fertiggerichte, Gebäck, Grillhähnchen etc.). Zudem haben an einigen der Bahnsteige Marktfrauen ihre Waren verkauft (Gemüse, Beeren, Gebäck und Fisch).
– In der dritten Klasse ist es am besten man nimmt ein unteres und oberes Bett quer zum Fenster, wenn man denn zu zweit reist. Somit hat man einen Tisch, eine Sitzgelegenheit am Tag und genügend eigenen Stauraum über und unter den Betten.
– Unser Wagon verfügte über jeweils 2 Steckdosen pro „Viererabteil“. Somit war Handy aufladen überhaupt kein Problem.
– Wenn man sich eine SIM-Karte besorgt (300RUB/4€ für 10GB), dann hat man auf jeden Fall rund um alle Haltestellen guten Empfang (LTE/3G).